Die Pleitewelle rollt durch Deutschland. Kein Wunder, dass immer mehr gebeutelte Gesellschafter versuchen, eine bevorstehende Insolvenz ihrer GmbH mit allen Mitteln zu verhindern. Die neueste Variante ist die Firmensitzverlegung ins Ausland - z.B. nach Spanien - wo angebliche Gesetzeslücken sicher stellen sollen, dass der Gesellschafter endgültig Ruhe vor seinen alten GmbH-Schulden hat.
Die Bauträgerfirma Planbau im württembergischen Grosselfingen ging Pleite, dutzende Bauarbeiter verloren ihren Job. Die zahlreichen Gläubiger werden ihr Geld wohl nie wiedersehen. Kurz vor der Pleite im Sommer 2002 wurde die Planbau nach Spanien verkauft.
Der Insolvenzverwalter der Firma, Alexander Kästle, glaubt, dass der neue spanische Geschäftsführer nur ein Strohmann ist. Der Spanien-Deal, so der Verdacht, wurde nur eingefädelt, um sich für deutsche Gläubiger und Behörden unerreichbar zu machen: "Am 22. August 2002 wurden Gesellschaftsanteile an einen Strohmann aus Spanien - angeblich ein britischer Staatsbürger mit Wohnsitz in Marbella - veräußert. Ein paar Tage später, am 29. August 2002, wurde von diesem Geschäftsführer und Gesellschafter nunmehr Insolvenzantrag gestellt, ohne dass dieser die Firma jemals gesehen hätte. Ziel ist es, Vermögenswerte nach Spanien zu verschaffen und Geschäftsunterlagen zu vernichten oder nach Spanien zu verschicken, um sich so dem Zugriff der deutschen Justiz zu entziehen."
Die Folge: Dutzende Häuser wurden nicht weitergebaut, obwohl die Häuslebauer das Geld dafür schon bezahlt hatten. Wer Glück hatte, kam mit ein paar tausend Euro Schaden davon. Der Gesamtschaden geht in die Millionen.
Ein Planbau-Geschädigter berichtet: "Ich schätze reine materielle Kosten auf etwa 20.000 bis 30.000 Euro. Ganz zu schweigen natürlich von der nervlichen Belastung. Das ist natürlich ein Hammer, wenn man ein Haus baut und hört, dass der Bauträger pleite geht."
Die Planbau ist kein Einzelfall und häufig führen die Spuren nach Marbella in Südspanien. Angeblich treffen sich dort Schöne und Reiche. Ganz sicher haben sich dort inzwischen viele Wirtschaftskriminelle eingenistet - auch so genannte Firmenbestatter. Deren einziger Geschäftszweck ist der Kauf von Pleitefirmen.
Sie preisen ihre Dienste in Zeitungsanzeigen mit Sprüchen wie "So sanieren Sie clever" an. Angeblich legal könne der Geschäftsführer einer deutschen GmbH seine Schulden in Spanien loswerden.
Wir drehen mit versteckter Kamera am Flughafen Malaga und begleiten ein deutsches Unternehmer-Ehepaar. Zum Schein hat sich das Paar, extra für Frontal21, auf eine Anzeige einer gewissen Rechtsanwaltskanzlei Marbella gemeldet. Seit ihrem Abflug in Deutschland werden die beiden von einem deutschen Helfer der Rechtsanwaltskanzlei Marbella betreut - von dem Unternehmensberater B. aus Freiburg. Er hat den Trip nach Marbella vorbereitet.
Man geht am erster Tag in der Altstadt spazieren. Beim Abendessen kommt Herr B. schnell zur Sache: Wer in Deutschland Schulden hat, sollte die Vorteile des liberalen spanischen Wirtschaftsrechts ausnutzen.
Anschließend berichtet die aus Deutschland angereiste Unternehmerin: "Herr B. hat uns geraten, unser Vermögen aus Deutschland rauszubringen, und nur noch die Schulden in Deutschland zu lassen. Dafür sollen wir eine spanische GmbH kaufen. Spanien sei in Zukunft für das Gute da, Deutschland für das Schlechte. Dabei will man uns helfen. Mehr würden wir morgen beim Treffen mit den Experten der Rechtsanwaltskanzlei Marbella erfahren."